Wälzlager - 04/12/2022
Rillenkugellager für Elektrofahrzeuge: Beschichtung verhindert Elektroerosion
NSK entwickelt aktuell eine neue, kostengünstige Methode, um Elektroerosion im Antriebsstrang von Elektrofahrzeugen zu verhindern. Die Rillenkugellager werden mit einer patentierten Beschichtung auf Kunststoffbasis ausgestattet und deutlich preiswerter als die bisher üblichen Hybridlager mit isolierenden Keramikkomponenten.
Kriechströme können auf vielen Wegen entstehen – zum Beispiel wenn ein Wechselrichter häufig zwischen mehreren Phasen umschaltet. Bestimmte Arten von Elektromotoren verursachen ebenfalls solche Ströme, z. B. Rotor-Erdlagerströme, zirkulierende Lagerströme und EDM-Ströme.
Insbesondere EDM-Ströme stellen ein ernsthaftes Risiko für die Lager dar, weil bei bestimmten Spannungen Lichtbögen auftreten können. Dabei kommt es zu einer unkontrollierten Entladung mit hohen Stromstärken, die das Gefüge der Lagerringe und -kugeln aus Stahl erheblich verändert. Der Werkstoff an der Oberfläche schmilzt und erstarrt wieder – mit der Folge, dass sich auf den Lagerlaufbahnen des Innen- und Außenrings mehrere Mikrometer tiefe Rillen bilden. Übermäßige Geräuschentwicklung ist oft der erste Hinweis auf dieses Problem. Gerade bei Elektrofahrzeugen ist das höchst unerwünscht.
Als ein führender Hersteller von Wälzlagern für Elektroantriebe in der Industrie und im Automobilbau befasst sich die Forschung und Entwicklung von NSK intensiv mit diesem Thema – und hat nun eine neue Lösung für das seit langem bestehende Problem entwickelt.
Zunächst haben die NSK-Ingenieure die Bedingungen untersucht, die Elektroerosion begünstigen. Dazu gehören: Last, Drehzahl, Temperatur und Schmierstoffviskosität, die Art der Schmierung (hydrodynamisch, gemischt, Grenzflächenschmierung) und elektrische Eigenschaften wie der Widerstand.
Die beiden bewährten Methoden zur Verhinderung von Elektroerosion sind Isolierung und Ableitung. Wenn die Ladung nicht zu hoch ist, kann ein leitfähiges Fett oder ein entprechend dimensioniertes Erdungselement Abhilfe schaffen. Für einige Lagerstellen, z. B. beim antriebsseitigen Lager vor dem Getriebe eines Elektrofahrzeugs, ist jedoch eine Isolierung in Form von Lagerteilen aus Keramik oder Kunststoff erforderlich. Eine bei NSK bewährte Lösung ist eine keramische Beschichtung auf den Außen- und Innenringen. Außerdem hat NSK Wälzlager mit Kugeln aus Keramik im Programm. Diese Hybridlager bieten guten Schutz gegen Elektroerosion, sie sind aber nicht preiswert.
Kosteneffiziente Lösungen sind schon deshalb erwünscht, weil sich die Spannung in den Antrieben der E-Fahrzeuge von 400 V auf 800 V ändern wird. Auf 800 V-Antriebe werden – so die Prognosen – schon 2030 rund 50 % des Marktes entfallen. Das verschärft das Thema Elektroerosion und erfordert noch bessere Schutzmaßnahmen für die Lager.
Für exakt diese Anwendung hat NSK nun eine Ummantelung bzw. Umspritzung der Lager aus dem Hochleistungspolymer PPS entwickelt. Dieser Werkstoff weist eine hohe Beständigkeit gegen Hitze und unterschiedlichste Chemikalien sowie stabile elektrische und mechanische Eigenschaften bei Temperaturen von bis zu 150 °C auf. Ein weiteres Kennzeichen ist ein geringes Maß an Wasserabsorption und damit hohe Dimensionsstabilität.
Umfassende NSK-Tests belegen die Leistungsfähigkeit der umspritzten Lager im Vergleich zu NSK-Standardlagern. Eín Beispiel: Bei einer Spannung von 24 V, einer Frequenz von 15 kHz und unterschiedlichen Drehzahlen zeigten die Standardlager eine deutliche elektrische Erosion der Innen- und Außenringe. Bei den neuen umspritzten Wälzlagern von NSK war dieses Phänomen nicht zu beobachten.
Bei der Produktion dieser Lager kommt ein innovatives Spritzgussverfahren zur Anwendung. Hergestellt werden die entsprechend ausgerüsteten Rillenkugellager in einem NSK-Werk in Europa, in Reichweite führender Hersteller von Elektrofahrzeugen. Beim Aufbringen der Beschichtung wird eine homogene Verteilung und Ausrichtung des Materials gewährleistet. Nachbearbeitungsprozesse wie Schleifen sind nicht erforderlich. Da eine strukturierte Oberfläche entsteht, besteht kein 100%iger Kontakt zwischen dem Gehäuse und dem Außendurchmesser des Lagers, so dass mit Luft gefüllte Zwischenräume entstehen. Luft ist ein guter Isolator, und sie steht kostenlos zur Verfügung.
Mit dieser Innovation bietet NSK klare Alleinstellungsmerkmale. Ein weiterer Vorteil ist, dass die strukturierte Oberfläche das bekannte Problem des Kriechens von Lagern in Gehäusen lösen kann.
Die patentierte Isolierschicht kann am Innen- und am Außenring angebracht werden und ist in der Regel zwischen 0,7 und 1,2 mm dick. NSK kann hier bauraumneutrale Lösungen anbieten. Am einfachsten ist der Einsatz eines neu konstruierten Lagers. Vorhandene Lagerbaureihen können aber auch bei gleichen Abmessungen entsprechend umspritzt werden. Oder die OEMs erweitern den für das Lager vorgesehene Bauraum in der Umgebungskonstruktion. Auch dann können die Hersteller von Elektrofahrzeugen die erheblichen Kosteneinsparungen im Vergleich zu Hybridlagern voll ausschöpfen.
Mit dieser Lösung bietet NSK den Herstellern von Elektrofahrzeugen (EV) bzw. von Kfz-Elektroantrieben eine kosteneffiziente Lösung, um die elektrische Erosion von Lagern in elektrifizierten Antriebssträngen zu verhindern. Musterlager sind aktuell für die Rillenkugellager-Baureihe 6008 und in Kürze auch für die Serie 6206 (abgedichtet und nicht abgedichtet) verfügbar. Beide eignen sich bestens für EV-Anwendungen und werden von diversen Fahrzeugherstellern eingesetzt.
Foto 1): Die patentierte Isolierschicht erreicht eine Dicke von 0,7 bis 1,2 mm und kann sowohl am Innen- als auch am Außenring aufgebracht werden.
Foto 2): Testreihen im NSK-Labor bestätigen die verbesserte Isolationswirkung
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